Mujinga Kambundji

Sportart
Leichtathletik
Grösste Erfolge
Europameisterin 60 Meter (Halle)
2 x Sportlerin des Jahres

Nach ihrer Traumsaison mit zahlreichen Medaillen und Rekorden erlebte die schnellste Frau der Schweiz ein Jahr mit angezogener Handbremse. Zwar startete Mujinga Kambundji furios in die Saison, wurde Ende März in Istanbul Hallen-Europameisterin über 60 Meter. Doch aufgrund einer hartnäckigen Entzündung an der Fusssohle sah sich die Bernerin gezwungen, das Training stark zu reduzieren und ihre Saison neu zu planen. Erst Ende Juni kehrte sie bei der Athletissima in Lausanne auf die Wettkampf-Bühne zurück. Einen Monat später präsentierte sie sich mit dem 13. Schweizer Meistertitel über 100 Meter in Bellinzona wieder in starker Form. Die gelaufene Siegerzeit von 11,05 Sekunden liess auf ein Happy End an der WM in Budapest hoffen. Statt einer weiteren Finalqualifikation wie an den Olympischen Spielen 2021 in Tokio (6.) und an der letztjährigen WM in Eugene (5.) bedeuteten für Kambundji trotz Saisonbestleistung (11,04) jedoch die Halbfinals Endstation.

Zur Sprint-Queen Europas avanciert

Im fortgeschrittenen Sprint-Sportalter zeigte Mujinga Kambundji ihre bislang beste Saison. Die 30-Jährige holte Medaillen und Rekorde zuhauf, sie ist Europas Sprint-Queen des Jahres 2022.

2009 als gerade erst 17-Jährige katapultierte sie sich an den Schweizer Meisterschaften ins Rampenlicht: 11,66 Sekunden über 100 Meter und 23,87 über 200 Meter trugen der in Bern aufgewachsenen Tochter eines Kongolesen und einer Schweizerin die ersten zwei Titel bei der Elite ein. 13 Jahre später senkte sie ihre Bestwerte auf 10,89 und 22,05.

Nicht nur das ausgeklügelte Training, sondern auch die Entwicklung im Schuhwerk begünstigte den Quantensprung. Nach dem Olympiajahr passte Mujinga Kambundji den Laufstil nochmals an. Die Fussstellung ist nun optimal, die Feder-Energie beim Abdrücken des Fusses vom Boden wirkt jetzt genau zurück in die Laufrichtung.

Den eigentlichen Coup des Jahres lieferte die Bernerin bereits im März in Belgrad, wo sie in 6,96 Sekunden als Aussenseiterin auf der Bahn 8 mit Schweizer Rekord Hallen-Weltmeisterin über 60 Meter wurde. Das Bild, wie sie ungläubig auf der Bahn steht, die Hände vor dem Gesicht zusammenschlägt und nach einer Bestätigung auf der Anzeigetafel sucht, bleibt unvergessen.

Platz 5 an der WM in Eugene im 100-Meter-Final beweist schlicht die Klasse der Schweizer Athletin. Im prestigeträchtigsten Rennen der Saison war die Weltelite komplett am Start, die zweite Finalteilnahme in Folge nach Tokio 2021 ist nicht hoch genug einzuschätzen. Und auf den EM-Frust im 100-Meter-Final von München – die zeitgleiche Gina Lückenkemper (je 10,99) fing sie im Fotofinish noch um 5 Tausendstel ab – reagierte Kambundji mit Gold über 200 Meter, und schloss so auch mit dem Silber über 100 Meter Frieden.

Mujinga Kambundji gelang der Coup im Wüstenstaat Katar. Zu Saisonbeginn noch als Sorgenkind abgestempelt, gewann die 27-Jährige an den Weltmeisterschaften in Doha über 200 Meter die Bronzemedaille.

Kambundji, die mit ihrer wehender Lockenmähne auf Anhieb überall erkannt wird, packte die Gelegenheit beim Schopf. Als die Bernerin im klimatisierten Stadion in Doha aus den Startblöcken schoss, war ein Resultat zwischen den Positionen 2 bis 8 realistisch. Kambundji hielt dem Druck stand, beendete die Durststrecke der Schweizer Frauen, die sich seit Anita Weyermanns Premiere 22 Jahre lang nach einer weiteren WM-Medaille sehnten, und streifte das Verlierer-Image ab, das ihr seit den Europameisterschaften 2018 in Berlin anhaftete.

Die Medaille – die zweite auf Weltniveau nach Bronze im März 2018 an den Hallen-WM in Birmingham über 60 Meter – entschädigte die Sprinterin für viele bittere Momente in der jüngeren Vergangenheit: An den Europameisterschaften in Berlin im August 2018 resultierten gleich drei 4. Ränge, beim 5. Platz über 60 Meter an den Hallen-EM im März 2019 in Glasgow verfehlte Kambundji das Podest um einen Hundertstel und in Doha verpasste sie den 100-Meter-Final gar nur um fünf Tausendstel.

Kambundji ist trotz ihrer erst 27 Jahre schon seit einem Jahrzehnt über die Leichtathletik hinaus national bekannt. 2009 wurde die in Bern aufgewachsene Tochter eines Kongolesen und einer Schweizerin erstmals nationaler Champion über 100 und 200 Meter. Die Athletin verbesserte ihre Bestleistungen kontinuierlich und gewann 2016 EM-Bronze in Amsterdam über 100 Meter. Vor zwei Jahren erfolgte nochmals ein Leistungsschub. Im Juli 2018 lief Kambundji die 100 Meter erstmals unter 11 Sekunden (10,95), im August 2019 entriss sie Léa Sprunger den Schweizer Rekord über 200 Meter (22,26).