Fabian Cancellara

Sportart
Rad
Grösste Erfolge
Olympiasieger Zeitfahren, 2. Flandern-Rundfahrt, 2 Etappensiege World Tour
2 x Sportler des Jahres

Einen besseren Abgang als jenen von Fabian Cancellara hat es in der Sportwelt noch nicht oft gegeben. Der Berner krönte seine aussergewöhnliche Karriere in Rio de Janeiro mit dem zweiten Olympiagold im Zeitfahren nach 2008 – ein Rücktritt auf dem absoluten Höhepunkt.

Etwas beweisen hätte Cancellara in seiner letzten Saison als Radprofi niemandem mehr müssen. Zu viel hatte er in den 15 Jahren davor erreicht, zu viele glanzvolle Siege errungen, um nicht als einer der erfolgreichsten Rennfahrer in die Geschichte des Radsports einzugehen. Doch der 35-jährige Ausnahmeathlet trat mit einem perfekten Auftritt von der grossen Bühne ab.

Nach einer Saison, die für seine Verhältnisse alles andere als optimal gelaufen war und in der er keinen wirklich grossen Sieg mehr hatte feiern dürfen, schrieb Cancellara am Strand von Rio in seinem letzten wichtigen Rennen ein Kapitel Sportgeschichte. In der Disziplin, in der er gross geworden war, zeigte er sich noch einmal unwiderstehlich und dominierte die Prüfung gegen die Uhr «à la Cancellara».

Kaum jemand hatte ihm diesen Coup zugetraut. Cancellara verstand es aber ein letztes Mal, all die Leiden auf sich zu nehmen, um am Tag X die absolute Top-Form zu erreichen. Der Lohn war mit Gold ein Triumph, der über allem steht, was er davor erreicht hatte. Cancellara gewann immerhin je dreimal die Flandern-Rundfahrt und Paris
– Roubaix, vier WM-Titel im Zeitfahren, elf Etappen an der Tour de Suisse und acht Teilstücke an der Tour de France.

In der zweiten Hälfte seiner Karriere hatte Cancellara nicht mehr derart klar auf das Zeitfahren gesetzt wie zu Beginn. Sein letzter grosser Sieg in einer langen Prüfung gegen die Uhr lag vor Rio drei Jahre zurück (2013 an der Vuelta), der letzte WM-Titel gar sechs. Zum Abschied setzte er aber noch einmal auf seine Spezialdisziplin und sagte mit der Klasse eines Champions: «Tschou zäme».

Der Olympiasieg im Zeitfahren 2008 war für Fabian Cancellara der Höhepunkt einer Saison, die dem Berner neben viel Lob und Anerkennung auch eine fragwürdige Konfrontation mit der Schattenseite eines Radsportler-Daseins bescherte.

Dass Cancellara, 2006 und 2007 jeweils Dritter, erstmals zum Sportler des Jahres gekürt wurde, ist ein deutliches Zeichen: Das zuweilen negative Image des Radsports vermag der Popularität des Schweizer Aushängeschilds kaum etwas anzuhaben.

Leistungsausweis und Persönlichkeit machen Cancellara zu einem würdigen Sieger. Gold im Zeitfahren und Silber im Strassenrennen an den Olympischen Spielen in Peking, Sieg in der "Classicissima" Mailand - San Remo, zwei Etappenerfolge in der Tour de Suisse, herausragende Helferdienste in der Tour de France - noch nie war "Spartacus" so stark wie im Jahr 2008.

Dass sich die Berufskollegen auf der Suche nach einem Rufnamen für Cancellara bei den Gladiatoren im Römischen Reich bedient haben, passt zum Stil des Ausnahmekönners. Kraft und Mut sind aber nicht die einzigen Zutaten im Erfolgsrezept. Gerade mit dem Olympiasieg lieferte Cancellara ein Meisterstück in perfekter Vorbereitung und mentaler Stärke ab. "Alles andere als Gold wäre eine Enttäuschung", hatte Cancellara im Vorfeld immer wieder betont. Mit seiner unschweizerischen Art, Ziele offensiv zu formulieren und das Herz auf der Zunge zu tragen, setzt sich Cancellara unter einen Druck, den er in positive Energie umzuwandeln versteht.

Dass Cancellara in den Wochen nach dem grossen Triumph in eine emotionale Leere fiel, macht ihn menschlich und zeigt, wie verwundbar eben auch ein Gladiator ist. Als vereinzelte Schweizer Medien eine gerüchteweise Verdächtigung einer belgischen Zeitung zum Anlass nahmen, Cancellara an den Dopingpranger zu stellen, wurde für den Berner der Rückhalt seiner Familie noch wichtiger. Für sie ist "Fäbu" keine heldenhafte Figur, die hochgejubelt und wieder fallengelassen werden kann, sondern vor allem ein einfühlsamer Mann und Vater.